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Sprich recht onn argennlist, das gott dir dinn
leben frist.
In der hailgenn unngethailtenn dryfaltikait namen,
ammenn. Merk mit fliß ain jegklich menntsch,
der ainen aid schwerenn wil, der sol uff hebenn dry finnger. Bin dem erstenn finnger, das ist
der dum, ist zuͦ verston gott der vatter, bin dem
anderenn gott der son, bin dem dritten gott der hailig gaist. Die annderenn
zwenn finger, die letstenn inn der hannd unnder
sich genaigtt, der ain beduͤtt die
Zum drittenn, welcher faltsch schwertt, der rett, alß ob er spraich: «Als ich huͤtt faltsch schwer, also bitt ich gott den vatter unnd denn son unnd den hailgenn gaist unnd den costbarlichen fronlichnam Jeßu Cristy unnd sin grundlose barmherzikait unnd sin onscholdikaitt, sin hailger schwaiß und sin bitterkaitt unnd angst unnd nott unnd sin hertter strenger thott unnd onscholdige marter an mir armer sünnder ganntz enzogenn unnd verlorenn werde.»4
Zum vierttenn der faltsch schwertt, der rett, alß ob
er spraͤch: «Alß ich huͤtt faltsch schwer, also sol
min sel, die bedütt wirt bin dem vierttenn finnger, unnd min lib, der beduͤtt wirtt bin dem fünftenn finnger,
mittainannderen verdamptt werdenn an dem
jüngstenn tag, so ich mainaider elender mennsch stonn wird vor dem strennger richter, und sol abgedilgett unnd
geschaidenn werdenn von aller gmainsame aller
hailgenn, unnd ich sol ouch beroptt werden der
Da by mag wol ain jegklichs fromm cristennlichs herz wol merkenn, was der faltsch aid uff im thragtt umdd, wie der menntsch gott desß allmechtigenn unnd der jungkfrowen Maria unnd aller hailgenn durch denn faltschen aid verlognen ist, davor sich ain jegklich mennsch billich huͤtten sol bin siner sel sailikaitty, darvor unnß gott alle behuͤtt, ammen.4
Menntsch, huͤtt dich vor faltschem aid, wann er ist gott gar laid, unnd verker bald dinn boͤsenn sinn, wann zitt unnd wil gatt da hinn.5
Language:
Notes:
a Vor dem Titel auf der derselben Zeilenhöhe die Ziffer 1; Titel von Hand T1.
b Unsichere Lesung; in LB 1585, fol. 7r, als davor wiedergegeben.
c So in der Vorlage, gemeint sinner.
d So in der Vorlage, gemeint unnd.
1 Es folgt auf fol. 1r–2v eine Belehrung über den Meineid. – Dieser Abschnitt fand grösstenteils
wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7r. – Druck:
2 Der Eidspruch fand Eingang ins LB 1585, fol. 8r, wo er vom Schreiber nicht als fortlaufender
Text, sondern in Versform dargestellt und durch zusätzliche Zeilen ergänzt wurde. – Druck:
3 Der Eid, dem man übernatürliche Kräfte zuschrieb, verschränkte die Rechts- mit der Heilsord‐
nung. Die Eidesermahnung greift in Abs. 2 die Trinitätssymbolik auf: Die drei Schwurfinger ver‐
körpern die göttliche Dreifaltigkeit, und die zwei gekrümmten Finger stehen für die Seele und
den Leib des Schwörenden. Der Eid erscheint hier als eine bedingte Selbstverfluchung. Als Folgen
eines unrechtenn faltschenn aidtz drohen laut LB der Ausschluss aus der Christenheit, kein göttli‐
cher Trost in der Sterbestunde, keine göttliche Barmherzigkeit sowie ewige Verdammnis beim
Jüngsten Gericht. Nach
Finger der Schwurhand in den Landbüchern anderer Orte nicht.
Als zentrales Mittel der frühneuzeitlichen Obrigkeiten im Kampf um das Gewaltmonopol waren
Inhalt und Leistung des Eids ein ständiger Konfliktgegenstand. Vgl. zur Schwurpraxis z. B. LAA
Bücher, Nr. 100 (AMB 1547–1567), S. 6: Thrinken und schweren. Nach Christus geburt gezellt 1548 jar am sonntag vorm erstenn Mayenn tag hatt die selbig gehabne lanntzgmaind uff unnd
angnomen von wegen der grossen gozlesterung desß schwerenns und thrinkens halb. Erstlich vom
schwerenn, namlich welcher der ist, der also unnserem gott unnd schopfer sin hailigs lidenn uff
heptt, es sye bim hailgenn krütz, bin siner marter, wundenn, lidenn, krafft, macht, schwaisß, bin
sim hailgenn bluͦta, bin sinem sitz desß hailgenn h[imels] und eren ouch bin dem hailgenn sacra‐
mennt, was also sin hailigs lidenn bethreffenn mag, unnd der das thuͦt, so sol jegklicher bin sinem
aid ainn ermanen unnd redenn: «Hoͤr uff unnd huͤt dich older thu muͦst buͦß thon.» Unnd ob dann
ainer nüt hörenn wellte und witter schwuͤre, so sol dann je der nechs[t] sagenn: «Thuͦ buͦß.» Der selb
sol dann niderknüwen und dz ertrich küssenn, unnd ob es ainer nütt thon wellte, den sol man [zu
ergänzen wäre: von] stund an minen herenn anzoͤgenn, jegklicher bin sinem aid. Dannothin muͦß
der selb buͦß thuͦn vor minen herenn older was sy ainem darumm erkennen, dz er verdiennt habe.
Unnd ob sach waire, dz ainer denn anderenn nütt wellte haissenn buͦß thuͦn, ouch ain annderenn nütt
welltinnd angebenn, so soͤllinnd die amptlüt nachfrag han unnd dann die straffenn, dz sy welltinnd
dz gehorsam erfunden wairenn worden. Es moͤcht ouch ainer so unzimlich schweren, min herenn
wurdenn ainn straffenn am leben, lib, eer unnd guͦtt. – Am 6. Mai 1551 bestätigten Rusch, Landbuch
sowie Alt-Alt- und Neu-RätNeu-Rät den Landsgemeindebeschluss von 1548 betreffend schwerenn und gots
lesterunng: ebd., S. 32. Ferner dazu: ebd., S. 82, 84.
Der Text von Art. 1 ist von Abs. 2, S. 48, bis zu Abs. 7, S. 50, weitgehend identisch mit der
Eidesbeschreibung von Mellingen (AG), um 1500, SSRQ AG I/6, S. 341; vgl. auch
Weitere mit dem Älteren LB übereinstimmende Textpassagen (z. B. Art. 1, Abs. 5) auch im LB Nid‐
walden, vgl.
52;
S. 88–94. – Dieser Abs. fand fast wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7r–v. – Druck:
4 Dieser Abs. fand fast wortgetreu Eingang ins LB 1585, fol. 7v–8r. – Druck:
S. 67 f.
5 Diese Verse fanden Eingang ins LB 1585, fol. 8r, wo sie vom Schreiber mit zwei weiteren,
neuen Zeilen und sowie den Versen auf fol. 1r–v im Älteren LB zu einem Gedicht ergänzt wurden.
– Druck:
- Mellingen, CH
- Nidwalden, CH
- Jesus Christus
- Maria, Mutter Gottes
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen - Appenzeller Landbuch (SSRQ AR/AI 1, Nr. 1) 3, in: Monasterium.net, URL </mom/SSRQ_AR_AI_1_Nr_1/SSRQ_Appenzell_3/charter>, accessed at 2025-01-25+01:00
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