Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 83, S. 212
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Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Nr. 83, S. 212






N,-. 75. (ungef. in der Mitte des Monats May.)
N. Philipp Melanchthon's Bedenken über sechs Arti kel; was nämlich zuthmlsey, wenn 1) das Flcischcssen ver boten werden sollte, wenn 2) die Papisten es hintertreiben sollten, daß auf dem Reichstage von den Sachen des Glaubens gehandelt werde, wenn 3) ein Concilium angesetzt würde, des sen Entscheidung man sich unterwerfen solle, wenn 4) der Kur fürst beschuldigt werde, die geistliche Jurisdiction in seinen Lan den an sich gerissen zu haben, wenn 6) auf die alten Kirchen- Satzungen verwiesen werden sollte, und endlich wenn 6) der Kurfürst von Sachsen der Aufhebung der Klöster und der Einziehung ihrer Güter beschuldigt werde.
Aus dem Originale im gemeinschaftlichen Archive zuWeimar Neß. L. l°I. Z7. Nr. 2, Bl. 66^ 71. 78. und 66. Der Anfang dieses Bedenkens steht bcy Müller S. 498. und bey Walch XVI., 807.
13) mit vns zuHandeln — zu genedigem gefallen) „al hie vnns zugebictenn, das heilig Euangclion vnd wort gots weder Inn der kirchenu, noch Jim vnnser Herberg nicht predig genn zulassen». Derhalbenn vnd weil wir besorgen, es werde sich taye M at zu solchen« Mandaten auf vnnser misgonner vnd widerwertigen emsig anhalten bewegen lassen, Bcgern wir ge» nedigklich, Ir wollet vns hierInn eur bedencken vnd was auf den fall kayr Mat widerumb (dagegen) anzuzaigen vnnd fmzu-
wem
May. 193
(Blatt 66«) auff den Ersten, von Fleysch essen. ')
Dweyl man zu Spir halt vleysch gessen, will sich« ') nicht zimmen, ietzund zurück ziehen.
Es wiirt aber ') viel trotz vnnd vnzucht mitt solchem vleysch essen gevbet, welches billich sollten vormeyden die, so sich des haylgen Euangelij rumen, vnnd were gutt ^), das mein g. h. solche seyner leut freyheyt cohercirt ^),
Denn mltt solcher vnzucht ergert man mehr die vnuerstcw digen, denn °) das man sie zu dem Euangelio bringe, so pflegt man zu sagen, Nxtrein? deinentiae e«t ^), trubta nilj et ni- lli! ni«i cxiiuin querere.
So ists eyn schlechte heyligteyt, fieysch essen vnd dennoch tag vnnd nacht voll vnnd toll seun. ^)
wenden sein will, auch zuerkennen geben, Domit wir In dem das Ienige thun, was wir (.vor) gegen got vnnd vnnser gewist sen halben zuthuu schuldig. Das wollen wir euch nicht verhak ten (»„angezeigt lassen), vnnd seind euch mit gnaden genaigt." Diese Stelle fehlt sowohl in ihrer ersten, als in ihrer letzten Ab fassung bei Müller.
1) Bei Müller fehlt dieser Anfang.
2) Müller sagt dafür irrig: „Man meinet zwar, weiln
man zu Speier—, wolle sichs".
3) Müller: „ Allein es wird ".
4) Mela«chthon schrieb zuerst: „auch gutt", durchstrich aber
„auch".
5) Nach „cohercirt" schrieb Melanchthon zuerst: „Denn was
ists nutz". Diese Worte strich er aber wieder weg. L) Müller irrig: »als«, statt: denn.
7) Müller irrig: 2»lleu>2 6on>enli2 e«t.
8) Diesen ersten Artikel faßte Melanchthon zuerst Blatt 71'
kürzer also ab:
von fleysch esse«.
„Dweyl man man vorhin zu Spir hat vleysch gessen,
— welches billich meydcn solden die, so sich des heyligcn
Euanngelii rumen". (Dazu.schrieb er an den Rand: „Nitre-
ine «lemenl!,« e5t, sru«l>» nill et nil»!! nisi ucliuln querere.")
Firsten,» nn's Urtundenbuch. 13
194 May.
Es ist auch zu bedenckhen, das ob schon m. g. h., K. M. zu vntherthenigem gefallen, wo solchs von wegen K. M. begert wurde, das vleysch essen vnterliesse, nichts handelt zu entgegen« voriger geschicht. Dann vormals mein g. h. bittlich gesucht halt, das man s. c. f. g. verschonen wolde, vnnd auss solch bitten haben K. M. cömissarij lassen geschehen, das m. g. h. sich christlicher freyheyt brauchte ^), (Blatt 65^) vnnd vber das, das sie es In bedencken haben genommen, haben sie m. g. h. theyn weyter am- wort geben.
Wo aber vber solchs von wegen K. M. gebotten wurde, das vleysch essen nach lassen, achteich Philip pus, das mey» gnedigster Herr möchte es on beswerde nach lassen, doch das seyn c. f. g. protestirt, das seyn c. f. g. für recht Halde vleysch essen. Sie wolde aber das K. M. zu lieb vnterlassen. -)'
(Blatt 71^) auss den andern artitel, wo die pfeffischen wur den practikern'), das man nichts von den Sachen des Glawbens handeln sold, mag meyn g. h. die Stende vermanen, das man
„ Das m. g. h. woldt seyner leut freiheyt cohercirn, wo mans verbotte, zu verkauffen ließ." Dieß Alles durchstrich er darauf und schrieb dann den ganzen Artikel Blatt 68" in die Gestalt um, wie er hier gegeben worden ist.
1) Darauf schrieb Me lau cht hon zuerst: »wo es aber ver-
botten wurde", durchstrich aber dann diese Worte
2) Müller hat von der Stelle: „Es ist auch zu bedenck
hen — K. M. zu lieb vnterlassen" nur die erste« Hälfte bis zu den Worten: „ das m g. h. sich christlicher freyheit brauch te", und schließt damit das ganze Bedenken. Er konnte hier das Original nicht entwirren. Melanchthon schrieb erst dann, als er das ganze Bedenken schon vollendet hatte, diese ganze Stelle als Zusatz zu dem vorigen. So kam es, daß das noch unbeschriebene Stück Papier von Blatt 66" für diesen Zusatz nicht ausreichte, «nd Melanchthon schrieb deshalb den Schluß desselben auf die Rückseite des 65. Blattes. Müller bemerkte das nicht.
3) Statt „practikern" schrieb Melanchthon zuerst: „zu wegen
bringen".
May. 195
da von handeln wolle '), sonderlich dweyl t. M. auszschreyben solchs furwendet «. ,
Item so sey vormals auff andern reychßtagen auch da von zu handeln bedacht worden, aber niemals keyftrlichem außschrey» ben volg geschehen, vnnd Hab an seynen c. f. g. nicht gefelet, welche sich alleg ') K. M. gehorsamlich geHalden, auff den reichß» tag kommen, begert, vmb fridens (Blatt 71b) willen, das da von wurde gehandelt, ')
Wo aber als dann ') nicht gehandelt wurde von disen sa, che«, ist m. g. h. entschuldiget, vnnd mag« da bey K. M. seynen gehorsam vnnd dises vntherdenig suchen anzeygm.
auff den dritten, ob m. g. Herr bewilligen soll In eynCon- cilium nationale :c., vnnd zu Halden, was orinn beschlossen wur de, mag m. g. Herr bitten vnnd begern, das man eyn christlich Concilium wolle Halden, es sey general, national oder prouin, tial.
Item gut were, zu begern, das man eyn bottschafft ab fer< tiget zum teyser, wie vormals beschlossen.
auff den vierdten, von der geystlichm Jurisdiction, daruff mag v. g, h. antworten gantz negatiue, Seyn c. f. g. habe den geystlichm Ihre Jurisdiction noch nie genomen, wolde auch, das seyn c. f. g. mitt den geystlichm fachen nicht beladen wer worden.
(Blatt 78') Dweyl aber so viel vnschicklichyeyt furgefallen sind, vnnd die leutt Widder gottlich ordnung besweret, vnnd die Bischofs theyn Insehen dareyn gehabtt, hatt seyn c. f. g. vmb fridens willen seyner c. f. g. lender eyn Insehm dareyn haben müssen.
1) Nach »wolle« schrieb Mel. zuerst: .. hilfst solchs nicht, so ist
mey» g. h. entschuldiget«, durchstrich aber hernach diese Worte.
2) Schreibfehler Melanchthon's, statt: allweg.
3) Nach: „gehandelt" schrieb Mel. zuerst: „ Item erbutig ge,
wesen, sidej rationem reddere«, durchstrich aber diesen Zusatz. ^
4) Nach „als dann" schrieb Mel. zuerst also weiter: „die stende
solch mt".
1Z*
196 May.
Item m. g. h. erbiete sich noch, yhnen yhrer Iurisdictio statt zu geben, wo sie solche Ire jurisdiction der Massen gebrau chen, das sie nicht der armen leutt gewissen da mitt beschwer«, vnnd newe'vnruhe vnnd auffrur In lendern da durch anrichten, dann yhm als eynem weltlichen fürsten wolle gebüren, eynInse- hen In solche beswerde zu haben, daraus auffrur vnd vnfrid fol- gen wicht, So wisse s. c. f. g. gegen gott nicht zu verantworten, wo seyn c. f. g. zuliess, das oder vnterthanen gewissen beschweret würden.
(Blatt 78>>) auff den funfften, wo die alden constitutio- nes vnnd canones würden allegirt,
darauff mag man vilfeltig antwort geben. Erstlich das con stitutione« contra Jus diuinum vntüchtig sind, wie In decreten, vfftmals geschriben stehet.
Item es stehet auch Im beeret, das constitutiones de me- dijs rebus mögen mitt der zeyt geendert werden, wo sie miß, brauche wurden.
Item mögen auch selb fallen mitt der Zeyt, als erempel mitt der zeyt ist gefallen constitutio vom, fwytag zu fasten, «uff den Sechsten, von den clostern. Erstlich mag m. g. h. negatiue antworten, das seyn 5. f. g. die monch nicht vertagt Hab,
Etlich closter sind lere worden, also das die monch selb herauß geloffen sind.
Ettliche closter sind leer worden, do die monch durch die Bawern vertagt sind,
(Blatt 66«) nu habe m. g. h. beswerde gehabtt seynes ge- wissens halb, die closter widoerumb anzurichten '), vnd haben biß noch beswerung,
Erstlich darumb, das das closter leben unrecht ist, wie ge schrieben ist, frustra colunt me mandatis hominum. So ist auch
1) Die Worte: „denn das closter leben sey Widder gott«, welche Melanchthon zuerst nach ..anzurichten« geschrieben hatte, sind von ihm wieder ausgestrichen.
May. 197
kund vnd offenbar allerwelt, das das Votum coelibatus Widder gott ist, vnnd viel grosser schand angericht halt vnnd noch «glich, leyder, anricht.
Darüber so wissen nu die leut, das solch monch wesen vn- tüchtig. Solde nu m. g. h. widderumb die clöster angericht haben, were doch vnfrid allemhalb In stellen vnnd auff dem land gefol get «., wurde vrsaä) gegeben zu auffrur «.
Item, solte man die closter anrichten, so wurde volgen, das sie predigten zu Widder den pfarren auff dem land vnnd Sttt< ten, darauß müsse dan vnfrid volgen, So sey auch s. c. f. g. nicht leidlich, das man ') Widder gottes wort öffentlich prediget.
Item So sey s.c.f.g. nicht Widder, d.is die monch In den clostern seynn, wo sie nicht zu Widder sind den gewohnlichen pfarr prediget«« vnd ceremonien, vnnd sich mitt ceremonien hielden, also, das nicht zwispalt volget, wie dann In ettlichen clostern vnd stifften noch monch vnnd priester erHalden werden.
Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg (1530), ed. Förstemann, 1833 (Google data) 83, in: Monasterium.net, URL <https://www.monasterium.net/mom/ReichstagAugsburg/479fb2e5-7472-4b61-ba56-1cc61c8b8526/charter>, accessed 2025-06-18+02:00
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