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Charter: Illuminierte Urkunden 1410-02-17_Herzogenburg
Signature: 1410-02-17_Herzogenburg
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1410-02-17, Dürnstein
Otto von Maissau bestätigt feierlich die Stiftung eines Augustiner-Chorherrenstiftes bei der Frauenkapelle zu Dürnstein. Dazu sollen 8 Kanoniker nach Dürnstein berufen werden. Wenn die Pfarre Grafenwörth, die durch Ottos Bruder Ulrich von Maissau an die Stiftung vergabt worden war, nach dem Tod oder der freiwilligen Resignation des derzeitigen Inhabers vollends in den Besitz der neuen Kanonie übergehe, soll die Zahl der Regularen auf 13 vermehrt werden (Vierter Stiftungsbrief).
Source Regest: FWF Projekt P 26706-G21 "Illuminierte Urkunden"
Bearbeitungsstand: HOCH
 

Original
Current repository
Herzogenburg, Stiftsarchiv, D.n. 147




    Graphics: 
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    • Materielle Beschreibung: 
      Historisierte Initiale I (n dem namen der heiligen und ungeailetn drivaltikait) in Deckfarbenmalerei, kleine Teile mit Blattgoldauflage. Die Initiale als sich links des Schriftspiegels angeordneter Block aus vier übereinander liegenden Bildfeldern, der in seinem obersten Bereich architektonisch ausgestaltet ist.
    • Von dieser Grundstruktur – gleichsam dem Initialkörper – gehen Rankenfortsätze aus, die ebenfalls mit Figuren durchsetzt sind.
    • Die Hauptszene füllt das oberste Bildfeld und steht somit neben dem Beginn des Urkundentextes. Elspet von Kunring – durch Beschriftung und Wappen eindeutig bezeichnet – kniet vor der Madonna, auf deren Schoss das, der Stifterin zugewandte, nackte Jesuskind sitzt. Die modisch gekleidete Stifterin hält ein Schriftband mit einer gereimten Gebetsbitte: Ora mater pia pro nobis virgo Maria (O Maria, bitte für uns, fromme Mutter und Jungfrau). Die Szene spielt in einem raumhaltigen, vorne offenen Gemach, an das links ein durch eine Wand abgetrennte, ganz durchfensterte polygonale Architektur anschliesst. Darunter folgt ein Bildfeld mit vier knienden Figuren. Sie sind mit Jorig, Hanns, Lewtold und Haydenreich beschriftet und stellen Elisabeths Verwandten und Mitstifter Heidenreich von Maissau (mit seinem Wappen) und seine drei Söhne dar. Ihr Bildfeld ist bloss einfach grün gerahmt und setzt die räumliche Illusion der obersten Zone nicht fort. Darunter folgt ein Bildfeld mit drei bartlosen, daher offenbar jüngeren Betern mit deutlich modischer Kleidung. Auch sie sind – durch die Faltung der Urkunde freilich kaum noch erkennbar – bezeichnet: Die Beischrift der Figur rechts ist als Lewtold lesbar, der – so wie Heidenreich über ihm durch ein Wappen ausgezeichnet wurde. Es folgen Ulrich und Otto, der Aussteller der Urkunde, der einzige der Dargestellten, der 1410 noch am Leben war. Ganz unten folgen die durch die Stiftung finanziell ausgestatteten Chorherren (Canonici). Die weißen Chorröcke mit weiten Ärmeln werden von aus Wolle gefertigten Schulterkappen bedeckt. Der Propst wird durch eine Almutie aus Fell (wohl Feh, also Eichhörnchenfell) hervorgehoben.
    • Die Ranke, die oben rechts von der Initiale ausgeht, zieht sich über die ganze Breite der Urkunde und setzt sich im rechten Randbereich fort. Oben bildet sie vier Medaillons aus, drei davon mit figürlichen Motiven: zuerst die Halbfigur eines Bischofs (wohl des hl. Augustinus als Ordenspatron des Konvents), dann eine Halbfigur eines rot gewandeten Königs mit Schriftband (vielleicht König David) und dann ein nacktes Kleinkind, dessen Interpretation schwierig ist. In der rechten Ecke befindet sich ein mit überschlagenen Beinen sitzender Engel mit einem für die Wiener Buchmalerei der Zeit durchaus charakteristischen Strahlennimbus. Er verbindet den horizontalen mit dem vertikalen Rankenast. Sein Gegenstück bildet die Gestalt des Stephanus (de Haslach), der unterhalb des vertikalen Rankenausläufers kniet. Sein abgesonderter Ort betont einerseits seine Bedeutung für den Stiftungsvorgang und separiert ihn andererseits von den Chorherren. In seiner Kleidung entspricht er diesen, wird aber durch Wappen und Spruchband hervorgehoben. Das Spruchband verbindet ihn – so wie Elisabeth – mit der himmlischen Welt (vgl. den Engel über ihm). Seine Gebetsbitte (Vias tuas Domine demonstra mihi – O Herr, lehre mich Deine Wege; Ps 24,4) mag durchaus mehr sein als eine beliebige fromme Bitte, sie könnte auch auf seine vielschichtige Rolle bei der Stiftung Bezug nehmen.
    • Stil und Einordnung: 
      Die Bildregie betont Elisabeth von Kuenring und Stephan von Haslach, alle anderen bleiben gleichsam Statisten, selbst der Aussteller der Urkunde.
    • Illuminierte Privaturkunden sind von noch grösserer Seltenheit als mit gemaltem Schmuck versehene Urkunden überhaupt (bei denen es immerhin einzelne Gruppen mit reicher Überlieferung gibt: Bischofssammelablässe, Urkunden mit gemalten Wappen [Wappenbriefe], Prunksuppliken, Kardinalssammelablässe – Zajic, Roland, Illuminierte Urkunden 2013, S. 397f., 410f.). Neben den Urkunden Kaiser Ludwigs des Bayern (1314–1347) und des französischen Königs Karl V. (1364–1380) und der reichen Tradition in England (Zajic, Roland, 398–407), stellen die vier illuminierten Urkunden, die den Gründungsvorgang des Chorherrenstiftes Dürnstein begleiten, die grösste bisher bekannte Gruppe dar (vgl. 1395 Jänner 25, 1410 Juni 10 (Original und „Fälschung“).
    • Die dargestellte Mode wird in Zajic, Roland, Dürnstein, 2005, S. 385–387 besprochen.
    • Der Figurenstil lässt sich am besten bei der thronenden Muttergottes, beim Engel rechts oben, bei den jugendlichen Stiftern, den knienden Klerikern und vor allem bei Stephan von Haslach beurteilen.
    • Die Falten sind – selbst bei den weissen Chorhemden, wo sie naturgemäss mit graphischen Mitteln eingezeichnet werden mussten – weich fliessend und folgen einem eher auf Schönlinigkeit als auf plastische Durchgestaltung ausgerichteten Prinzip. Man vergleiche einerseits die spitzovalen Kompartimente, die die Oberschenkel des Engels bezeichnen, andererseits aber die durchaus raumhaltige Modellierung des Faltentales, das den Gürtel dieser Figur begleitet.
    • Diese Formqualitäten sind durchaus für den „Internationalen Stil um 1400“ charakteristisch, finden sich jedoch genau so weder im österreichischen, aber noch viel weniger im böhmischen Material, in dem reiche Faltenkaskaden ein weit verbreitetes Element bilden.
    • In Österreich ist an die spätesten Figuren des Rationale Durandi der österreichischen Herzöge (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2765) zu denken, z. B. an den knienden heiligen Bischof auf fol. 310r (Zajic, Roland, Abb. 19), der um 1403/06 entstanden sein muss. (zur Handschrift vgl. MeSch 2, Kat.-Nr. 31).
    • Sowohl das Faltenmuster als auch die deutlichen Ansätze zur individuellen Charakterisierung von Gesichtszügen fallen bei dieser Figur auf. Man vergleiche die Faltenwelle vor den Knien im Rationale und das entsprechende Motiv bei den Figuren Ottos und Leutolds. Das beim Engel als charakteristisch beschriebene, durch den Gürtel verursachte Faltental hat seine Entsprechung beim Bischof im Rationale. Unmittelbar in dieses Umfeld gehört auch die historisierte Initiale auf fol. 29r des Melker Cod. 1881 an (Zajic, Roland, Abb. 20); zum Codex und seiner kunsthistorischen Einordnung grundlegend: Haidinger, Studien, 1980, S. 33 f., 203f. (online: http://www.ksbm.oeaw.ac.at/dissha/); zuletzt von Katharina Hranitzky erwähnt in: MeSch 2, S. 199.
    • Sowohl der Figurenstil als auch die Ranken sind unmittelbar vergleichbar.
    • Der Rankenstil mit seinen üppigen, gleichsam lebendig spriessenden, vollen und gesunden Blättern ist sehr typisch für die spezifisch Wiener Variante, die ab dem Rationale bis gegen Ende des ersten Jahrzehnts vorherrscht, um dann von einer neuen Welle böhmischer Formen abgelöst zu werden, die vor allem von der sogenannten „Martyriologium-Werkstatt“ geprägt wurden.
    • Die Rankenformen haben also kaum ein Nachleben, einzig der vor allem in Innerösterreich tätige Heinrich Aurhaym bedient sich dieses Formenvokabulars noch im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts (zu dieser Stilvariante vgl. Schmidt, Atelier, 1989; wieder abgedruckt in: Schmidt, Malerei der Gotik, 2005, Bd. 1, S. 419–433, bes. S. 428–432; zu Aurhaym vgl. auch den entsprechenden Abschnitt der Dissertation von Haidinger, Studien, 1980, S. 74).
    • Der Akanthus ist vor allem hellgrün und altrosa, nur einzelne Partien sind durch kräftigere Rottöne verstärkt. Die Blätter werden aus symmetrisch vom Hauptstamm ausgehenden, an den Enden nicht spitz zulaufenden, sondern meistens abgerundeten Blatteilen gebildet. Die Formen haben ihre Parallelen im Akanthus des bereits erwähnten Rationale Durandi (ÖNB, Cod. 2765; Zajic, Roland, 2013, Abb. 19), des stilistisch mit der spätesten Ausstattungsphase des Rationale eng verbundenen Lyra-Codex (ÖNB, Cod. 2783; MeSch 2, Kat.-Nr. 33) und im Dekor des 1403 datierten, ebenfalls bereits genannten Melker Codex 1881 (Zajic, Roland, Abb. 20).
    • Martin Roland
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    Bibliography
    Places
    • Dürnstein
      • Type: Empfängerort
    • Niederösterreich
      • Type: Region
    • Österreich
      • Type: Region
     
    Keywords
    • Illuminated Charters: Niveaus:
      • N1: historiated
      • N1: Initials
      • N1: Borders
      • N1: painted
      • N1: with Additional Colours
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