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FondAachen, St. Marien, Urkunden (AA 0103)
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    Aachen, St. Marien. - Stift (vor 887-1802). Das Archiv zerfiel in das große, das kleine und das propsteiliche Archiv. Vgl. insgesamt zum Bestand Peter Offergeld, Aachen-Marienstift, in: Nordrheinisches Klosterbuch, Bd. 1, hg. von Manfred Groten u. a., Siegburg 2009, S. 121-139; Friedrich Wilhelm Oediger, Das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und seine Bestände, Bd. 4, Siegburg 1964, S. 10-23. Retrokonversion des analogen Findbuches (Abschrift in VERA) durch DFG-Kraft Alexander Löckener, Oktober 2011 bis Februar 2012; abschließende Kontrolle und Überarbeitung durch Staatsarchivamtmann Jörg Franzkowiak, April / Mai 2013. Übersicht Um die Ursprünge des Marien- und Krönungsstiftes zu Aachen spielt ein Reflex des Glanzes, welchen Karls des Großen gewaltige Persönlichkeit ausstrahlt. Bei seinem Palaste in dem geliebten Aachen gründete Karl, wie sein Biograph Einhard (Vita Karoli magni c. 17. c. 26) berichtet, die mit der größten Kunst erbaute Kirche der heiligen Mutter Gottes, ein Bauwerk, zu dessen Verherrlichung sich die Schätze des Morgen- und Abendlandes öffnen mußten. Vier Jahre vor Karls Kaiserkrönung soll die Basilika begonnen worden sein und am Epiphaniasfest 804 vollzog Papst Leo III. nach einer übrigens nicht gleichzeitigen Überlieferung die Weihe derselben. Säulen und Marmorsteine aus Rom und Ravenna, Gitter und Türme von gediegenem Erze, reicher Gold- und Silberschmuck, insbesondere auch die kostbaren Gefäße von edlem Metalle, prächtige Priestergewänder und eine ungewöhnliche Zahl der werthvollsten Reliquien zeichneten die neue kirchliche Schöpfung vor vielen andern aus. An diese königliche Hof- und Palastkapelle lehnten sich ein Konvent nach der Regel des heiligen Benedikt, welcher aus den bei der Kapelle fungierenden Priestern hervorgegangen zu sein scheint. Die Nachricht Späterer (in A. bei Beeck, Aquisgranum, p. 20), daß schon Karl der Große denselben durch Versetzung von 20 Konventualen aus Sinzig nach Aachen begründet habe, entbehrt der urkundlichen Beglaubigung. Die erste Güterschenkung an die Kapelle über welche die Urkunde wenigstens in Abschrift vorliegt ist die Kaiser Lothars I. vom Jahre 855, es war die Kapelle des Heiligen Petrus bei dem Reichshof zu Sinzig an der Ahr, die der Kaiser mit zwei Mansen und allem Zubehör überwies (Nr. 3). Entweder derselbe Kaiser Lothar oder dessen Sohn König Lothar II. (verstorben 868) überwies die Nona von 44 Villen (Nr. 6) welche sich an den heutigen Ortsbezeichnungen Aachen, Gimmnich, Meersen, Waret, Lennik, Nymwegen, Walhorn, Elsloo, Baelen, Petit-Rechain, Theux, Sprünont, Herstall, Jupille, Astenat, Glain, Cherain, Watermael oder Vechmael, Neudorf, Thomme, Cröv, Amel, Waugenies, Bullingen, Manderfeld, Contzen, Düren, Wilre, Eschweiler, Vlatten, Muffendorf, Leus, Paliseul, Freux Chassepiere, Chauvency, Jamognes, Longlier, Cheneux, Meroils, Clotten, Amberloux, Bestogne und Ourth teils mit Sicherheit, teils mit mehr oder minder wahrscheinlicher Vermutung wieder erkennen lassen. Diese Güterausstattung, nach Lage und Bedeutung der Kern des Besitzstandes der Korporationen erhielt einen ferneren Zuwachs durch Kaiser Karl den Dicken, indem dieser im Jahre 877 dem Konvent die Villa Bastogne im Ardennergau zugewandte (Nr. 5) wenige Jahre nach den Verwüstungen von welchen Pallast und Kapelle durch den Einfall der Normannen (881) betroffen worden waren. König Arnulf bestätigte unter dem 13. Juni 888 die Schenkungen beider Vorgänger (Nr. 6). Als darauf am 7. Juli 930 König Heinrich I. Bestätigungsbrief (Nr. 11) der königlichen Kapelle zu Aachen den Bezug der Nona von 47 Villen jener 44 und drei weiterer zu Heim, Burs (Bourre im belgischen Luxemburg) und Linsan (Lincent im Lüttichschen) sowie das Eigentum der Villa Bastogne sicherte, ist zum ersten Male von den Kanonikern daselbst (canonicis in eadem capella domino famulantibus) die Rede, zum Beweise, daß inzwischen dem allgemeinen Entwicklungsgange gemäß der Konvent sich in eine Genossenschaft nach der Regel Chrodegangs umgewandelt hatte. Der Gunst Kaiser Ottos I. verdankte die Korporation nicht nur die Kirche zu Düren (Nr. 12) und die Bestätigung der von dem Grafen Franco gegen den Hof Gelmen im Haspengau, gleichfalls ein Geschenk dieses Kaisers, eingetauschten Besitzungen im Lüttich-, Mühl- und Anelgaue zu Fouron Courcelles, Erkelenz, Oestrich, Berg unter Beeck, Rickelrath, Wassarlar, Limperich, Rammersdorf, Ober-, Niederdollendorf, Rheinbreitbach, Zissendorf, - sodann der Nona von jetzt zusammen 50 königlichen Villen (außer den früher genannten den Villen zu Blaniaco, Blegny, Linai, Linne, Blendofia, Blendeffe, Heldun, Lizan und Satanai, Stenay), sondern auch die Verschmelzung der Abtei Chevremont und deren sämtlicher Besitzungen mit der Palastkapelle. Hiedurch ward Otto I. der zweite Gründer des Stifts (Nr. 14, 15, 16). Die gleich diesem der Jungfrau Maria gewidmete Abtei Chevremont (Caprae montis Revermunt), welche auf einem steilen Felsen an der Mündung der Vesdre in die Maas von Pipin dem Mittlern gestiftet worden, war laut ihren auf die Aachener Korporation übergegangenen königlichen und kaiserlichen Privilegien (Nr. 1, 2, 8, 9, 10, 13) zu Hermal sous Argenteau im Gau Harbanien, Buel in Toxandrien, Vilvorde in Brabant, Grand-Reng und Viez-Reng, Guignies, Achiniagas (Hautrhin), Altporto im Hennegau, Angleur im Lüttichergau und Fresen im Gaue Lominse, ferner zu Wandre und Hasnidi (Esmux oder Astenet), sowie zu Mortiers im Lüttichgaue und zu Herwe in der Oberbetau, begütert; ihr gehörten insbesondere auch die Kirchen und Zehnten zu Waudrez, Hermal, Grand-Reng, Vilvorde, Buel und Herwe. Alle diese Güter gelangten in den unmittelbaren Besitz der Aachener Marienkirche, als Bischof Notker von Lüttich im Jahre 980 das feste Schloß (novum castellum) nebst der Abtei Chevremont von Grund aus zerstört hatte. Wenn auch im Laufe der Zeit die Gefälle mancher und namentlich der entfernteren Villen oder Höfe verloren gingen und daher in den Registern des Marienstifts nicht nachgeführt werden konnten, so war doch auf diese Weise ein Kreis von Besitzungen dem Stift zu Teil geworden, der von Aachen durch das heutige Holland und Belgien bis zu den französischen Grenzen reichte und nach Umfang wie Einträglichkeit der besonderen Würde er königlichen Krönungsstätte entsprach. Durch die Munifizenz mancher römischer Könige und Kaiser, durch anderweitige Schenkung oder Ankauferwarb die Korporation weiterhin, abgesehen von den bald wieder verdunkelten Reichshöfen zu Dortmund im Westfalengaue, Tiel im Gau Teisterbert und Nierstein im Nochegaue (Nr. 18, 20, 21, 22, 23), Höfe und Zehnten zu Traben an der Mosel (Nr. 24, 38, 45, 46, 47), Muffendorf im Bonnergau (Nr. 25), Kesselheim (Nr. 309, 808), Winningen (Nr. 810), Gimmnich, Herve (Nr. 26), Vaels (Nr. 27, 180, 829), Walhorn (Nr. 28, 30, 32, 35), die Vogteien zu Lontzen, Walhorn und Manderfeld (Nr. 29, 32, 35, 57, 805), Höfe und Land zu Richelle (Nr. 31, 171), Hohenbusch (Nr. 37, 86, 220), Richterich (Nr. 41, 44), Sinzig (Nr. 50, 52, 67, 809), die Pfarrkirchen zu Montzen (Nr. 84) und Herstall (Nr. 90), Häuser, Renten, Ackerland und Wiesen in und bei Aachen (Nr. 108, 114, 116, 117, 118, 120, 122, 124, 141, 142, 143, 153, 160, 173, 186, 205, 207, 208, 209, 212, 213, 220, 356, 413, 497, 500, 546, 590, 684, 685, 686, 687, 688, 690, 691, 693, 695, 756, 762, 792), Land und Gefälle zu Düren (Nr. 104), zu Seffenth (Nr. 121), Velpsdael (Nr. 111, 151, 831), Drove (Nr. 150), Hagsittard (Nr. 172), Fleron (Nr. 174, 308, 818), Höfe, Land und Zehnten zu Gülpen (Nr. 90, 188, 633, 634), Bingelraedt (Nr. 159, 170), Müllenbach (Nr. 195, 196), im Pfaffenbroich bei Vaels (Nr. 200), Rimersdael bei Gülpen (Nr. 222), Amel im Jülichschen (Nr. 254, 251, 256, 793), Uersfeld (Nr. 258, 405, 804), Bettendorf (Nr. 285, 286, 289, 295, 795), Oidweiler (Nr. 340, 800), Opherten (Nr. 801), Richterich (Nr. 291, 292, 485, 507), Embken (Nr. 311), Coisdorf (Nr. 385), Etennaken (Nr. 403, 404, 817), Nütt (Nr. 421, 422, 825), Crawinkel im Lande Valkenburg (Nr. 508, 510, 511, 539, 816), Buel (Nr. 521, 556, 815), Boulant (Nr. 639), Sittard (Nr. 666, 828), Weiden bei Aachen (Nr. 806), den sogenannten Rheinacker Zehntenteil bei Sinzig, Coisdorf und Westum (Nr. 745, 749) u. A. m. Von den dem Stift zuständigen Pfarrkirchen und Kapellen - zu Grand-Reng, Vilvorde, Düren, Erkelenz, Chenee, Herstall mit der Filiale zu Boulant, Hermal, Embour, Jupille mit Filiale zu Saiver, Monzen, Fleron, Richelle, Foret, Walhorn, Kettenis, Berensberg, Laurenzberg, Buel, Sinzig, Traben, Winningen - wurden die beiden erstgenannten den Abteien La Cambre und Hautmont erblich verliehen, die übrigen aber teils wie Herstall und Laurenzberg (Nr. 65, 73, 83, 109, 146, 148, 163, 167), Chenee (Nr. 153), Erkelenz (Nr. 297, 303, 306), Sinzig (Nr. 315, 316, 418), Traben (Nr. 553, 554, 579) und Winningen (Nr. 588, 589, 591) dem Kapitel, teils, wie Jupille (Nr. 79, 82, 189, 190) der Dechantenstelle oder wie Buel (Nr. 54) der Kantorei und wie Düren (Nr. 105) der Scholasterei des Kapitels inkorporiert. Fast überall ist es seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts der Propst, der auf sein ursprüngliches Recht verzichtend dem Kapitel oder die anderen Dignitarien jener Kirchen übergibt. Die schon früh eintretende Trennung der Güter des Propstes von denen des Kapitels, die auch in dem Vergleich wegen Erkelenz 1326 sich ausprägte (Nr. 273), begünstigte die Bildung einer besondern propsteilichen Mannkammer mit zahlreichen größeren oder kleineren Lehen, meist im ehemaligen Herzogtum Limburg (Nr. 783). Zu letzteren zählten Schloß und Vogtei zu Lontzen sowie die Vogtei zu Lontzen, wogegen die Erbvogteien zu Richelle, Herve, Fleron und Mortiers dem Kapitel untergeben waren. Die Appellation vom propsteilichen Lehnhof ging für die innerhalb des Reichs gelegenen Güter auf Düsseldorf, für die Lehen außerhalb des Reichs dagegen an den Hof von Brabant zu Brüssel (Nr. 742). Über Verfassung und Privilegien des Stifts geben dessen Urkunden genaue Auskunft. Kaiser Otto I. verlieh der Korporation im Jahre 966 das Recht der freien Wahl des Abtes oder Propstes (Nr. 14). In der Folge bei völliger Ausbildung der Stiftsverfassung, hing die Kollation der Propstei und der andern Dignitäten mit Ausnahme der Dechantenstelle vom Reiche, d. h. vom jederzeitigen Römischen Könige ab, der als solcher zugleich Kanoniker des Kapitels und Konfrater der Kanoniker, seiner Kapellanen, war. Zu seinem Stellvertreter bestellte der Könige zuerst einen, seit 1318 aber, nach Teilung der betreffenden Präbende, zwei Vikare, die sogenannten königlichen Vikare (Nr. 261, 262, 270). Durch Kaiser Karl IV. ging das Präsentationsrecht zur Propstei sowohl als zu andern Würden und zur Scholasterei, auf die Herzoge von Jülich über (Nr. 310, 478, 481, 523, 654) und ebenso sind die Letztern später im Besitze des Kollationsrechts hinsichtlich der beiden königlichen Vikarien (Nr. 488, 654). Als Würdenträger fungierten beim Stifte fortdauernd der stets dem Stande der Fürsten, Grafen und Edelmannen des Reichs entnommene Propst, der Dechant und der Kantor, als Hauptoffizianten der Scholaster und der Erzpriester der Kirche. Die Würde des Küsters war unterdrückt und deren Einkommen zuerst der Propstei seit 1512 aber dem Kapitel inkorporiert worden (Nr. 583). Der Kanonikate gab es 40, bis Papst Gregor XIII. dieselben im Jahre 1576, um die Anstellung eines Predigers und die Errichtung einer lateinischen Schule zu ermöglichen, auf 32 beschränkte. Die Zahl der Benefizianten, Vikare und Kapläne, welche ehedem 60 betragen hatten, war zu derselben Zeit bis auf 8 gesunken, wurde aber nach der Bestimmung des genannten Papstes wieder auf das Minimum von 28 festgesetzt (Nr. 583, 586, 659). Im Jahre 1778 bestand das Gremium des Stifts außer dem Propst, Dechanten, Kantor oder Chorbischof aus 32 Kanonikern (und zwar 24 Kapitularen einschließlich des Kaisers und 8 Dominzellaren) sowie den 2 königlichen Vikaren, zusammen also aus 37 Personen. Als die vornehmsten der Kapitularen galten die 7 Kardinalpriester und Kardinaldiakonen, welche durch Privilegium des Papstes Gregor V. vom Jahre 997 eingeführt und neben dem Erzbischof von Köln und dem Bischof von Lüttich allein berechtigt waren, am Hoch- und Marienaltar in der untern Kapelle der Apsis Messen zu lesen (Nr. 17, 18, 764). Die Stellvertretung des Propstes lag dem Vitzdom, die des Dechanten dem Vizedechanten oder nach Umständen dem Senior des Kapitels ob. Wer zu einem Kanonikat beim Stift zugelassen werden wollte, mußte in rechtmäßiger Ehe geboren, edlen oder ritterlichen Geschlechtes oder in einer der vier Fakultäten akademisch graduiert sein. Noch Kaiser Friedrich III. schärfte im Hinblick auf die Würde des Krönungsstiftes unter dem 18. Juni 1442 diese Bestimmungen ein, mit dem Zusatz, daß auch die aufzunehmenden Ritterbürtigen verpflichtet seien, eventuell nach der Aufnahme das Trimmium zu absolvieren (Nr. 391, 393, 414, 416, 465, 764). Im Jahre 1449 verordnete der Kardinaldiakon Johannes von St. Angelo als päpstlicher Legat in Deutschland, daß die ersten fünf zur Erledigung gelangenden Kanonikate nur an Magister der Theologie und an Doktoren oder Lizentiaten des Kanonischen und bürgerlichen Rechts vergeben werden sollten, die als Seelsorger und Lehrer zu wirken hätten (Nr. 477). Und auch die am weitesten gehenden Anordnungen gestatteten die Aufnahme nicht Graduierter und nicht Ritterbürtiger allein unter der Bedingung, daß dieselben vor dem Beginn des ersten Jahres ihrer Residenz das Bakkulaureat erlangten (Nr. 414, 416). Nicht minder als die Bedingungen der Aufnahme waren Residenz und Absenz der Kanoniker, sowie der Turnus, in welchem die Glieder des Stifts anstatt des ganzen Kapitels in den ordentlichen Monaten die Präsentation zu den vakanten Präbenden ausübten, durch Statuten geregelt (Nr. 138, 140, 218, 241, 253, 307, 727). Auch für das päpstliche Provisonsrecht in den apostolischen Monaten und für das Königliche Privilegium der Ersten Bitte finden sich in den nachstehend verzeichneten Urkunden manche Belege. Daß abgesehen von der Fixierung der Präsenzgefälle beim Chordienste über die Verteilung der kirchlichen Opfer zwischen Propst, Kapitel und den messelesenden Priestern öfter verhandelt wurde (Nr. 66, 99, 102, 235, 586) ist bei dem außerordentlichen Zudrange an Andächtigen, der die Stiftskirche stets auszeichnete, erklärlich genug. Das Marienstift war dem päpstlichen Stuhle unmittelbar untergeben und daher von der Diözesengewalt des Bischofs von Lüttich in dessen Sprengel Aachen seit dem 10. Jahrhundert fiel, gänzlich befreit. Zu den Privilegien der Korporation gehörte insbesondere auch, daß sie zur Verleihung von Präbenden, Benefizien oder Renten an Dritte durch Erlasse des Papstes oder seiner Legaten nicht gezwungen werden konnten (Nr. 129) sowie daß kein Deligierter der Römischen Kurie oder ihrer Legaten Exkommunikation, Suspension oder Interdikt über das Kapitel oder dessen Glieder anders als zufolge besonderen päpstlichen Mandats verhängen durfte (Nr. 136). Die Besitzungen des Stifts in den Herzogtümern Jülich, Limburg und Brabant waren steuer- und schatzfrei (Nr. 522, 592) und hinsichtlich seiner Kornfrüchte und Weine genoß dasselbe auf Grund eines vom Papst Honorius III. bestätigten Privilegiums Kaisers Friedrich II. Zollfreiheit zu Wasser und zu Lande (Nr. 71, 187, 198, 313, 324, 332, 336, 533, 535, 580, 636, 741). Das glänzendste Privilegium aber bildete für Stift wie Stadt das Recht auf die Krönung des Römischen Königs, das auch durch die goldene Bulle Kaiser Karls IV. bestätigt worden war. Zum letzten Mal ward die Krönung Karls V. mit altherkömmlichem Pomp unter Spendung der Ergötzlichkeit und des Krönungsweins für die Konfratres vollzogen (Nr. 603). Seit die Ungunst der Umstände (zuerst unter Maximilian II.) dem Stifte das Vorrecht tatsächlich genommen, mußte dasselbe sich mit den jedesmal vom König und den Kurfürsten erteilten Reversen de non praeiudicando und der Geleitung der Krönungsinsignien durch eine Krönungsgesandtschaft nach Frankfurt am Main oder Regensburg begnügen (Nr. 645, 647, 679, 682, 730, 757, 758, 770, 771, 773). Das innere Leben der Korporation spiegelt sich in den Statuten wie in den Nachrichten, welche das Stiftsarchiv über die Reliquien oder Heiligtümer der Marienkirche und die Pilgerfahrten zu den letzteren enthält (Nr. 40, 66, 241, 274, 280, 355, 361, 377, 419, 441, 718, 781, 789). Der Propst hatte während der alle sieben Jahre zwei Wochen lang stattfindenden und am Kirchweihfest beginnenden Ausstellung der großen Heiligtümer für die Kosten und Bedürfnisse des Kapitels aufzukommen so wie demselben nach Beendigung der Heiligtumsfahrt aus dem ihm gebührenden Anteile am Opfergeld 400 Gulden auszuzahlen (Nr. 441). Auf dem Liebfrauenturm hielt das Kapitel bei der Ausstellung ein Festmahl, zu dessen Kosten der Propst beizusteuern verpflichtet war (Nr. 377). Über die Aufbewahrung der Reliquien entstanden Mißhelligkeiten zwischen dem Kapitel U. L. F. und dem Rat von Aachen, da der letztere sehr erklärlicher Weise ein großes Interesse an einer möglichst sorgfältigen Erhaltung der Heiligtümer hatte. Der Streit wurde im Jahre 1425 durch ein Laudum des Herzogs Adolf von Jülich-Berg geschlichtet, wonach das Kapitel einen kupfernen Behälter für die Heiligtümer anfertigen lassen mußte der zur Zeit der Ausstellung jedesmal von einem durch beide Teile bestellten vereidigten Schmied eröffnet und wieder verschlossen wurde (Nr. 432). Später wurde es üblich, daß zwei Eisenschmiede, der eine von wegen des Kapitels und der andere von wegen der Stadt, dabei fungierten, bis man im Jahre 1680 übereinkam, daß ein von beiden Teilen vereidigter Goldschmied genüge (Nr. 718). Unter den Reliquien der Stiftskirche nehmen außer den Reliquien der heiligen Jungfrau, deren Capsa schon 1220 in Arbeit war (Nr. 66) wogegen in geschichtlicher und archäologischer Hinsicht die Reliquien Karls des Großen besondere Aufmerksamkeit (Nr. 40, 280). Kaiser Friedrich I. war es bekanntlich der im Jahre 1166, die Grabesruhe seines großen Vorfahren nach Otto III. Beispiele zum zweiten Male störend, die Kanonisation und feierliche Erhebung der Gebeine desselben veranlaßt hatte (vgl. übrigens in Betreff der Reliquien und Heiligtumsfahrten namentlich die Schriften von Christ. Quix, Historische Beschreibung der Münsterkirche und der Heiligtumsfahrt, Aachen, 1825 und von Dr. H. J. Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener Heiligtümer, Bonn, 1855. Die neuerdings wieder mehrfach verhandelte Frage über die ursprüngliche Begräbnisstelle Karls wird durch die Urkunden nicht weiter aufgeklärt). Mit den Pilgerfahrten stand die Errichtung verschiedener Kapellen und Altäre der Stiftskirche in engem Zusammenhange, wie der Ungarischen Kapelle an der zwei ungarische Priester angestellt waren, gestiftet im Jahre 1374 durch König Ladislaus von Ungarn, des Altars des Heiligen Wenzel (Altare Bohenorum) und des Slawonischen Benefiziums, der 4 doctores ecclesiae und der heiligen Methodius und Cyrillus welches letztern im Jahre 1495 gegründet wurde (Nr. 338, 351, 429, 458, 469, 483, 488, 489, 576, 692, 786, 787). Die Kollation dieser Kaplaneien und Vikarien wurde von den Stiftern und deren Rechtsnachfolgern, beziehungsweise den Königen von Ungarn und von Böhmen, so ie den Magistraten von Laibach und Krainburg in Illyrien ausgeübt. Außer diesen werden in den Nachrichten des Stiftsarchivs folgende Kapellen, Altäre und Vikarien aufgeführt: Der Liebfrauenaltar in der unteren Chorkapelle (Nr. 97, 181, 235, 377). Die Sakristeikapelle mit einer gleichfalls zur Sakristei benutzten Vorhalle, in welcher die Mitglieder der im Jahre 1452 gestifteten Muttergottesbruderschaft (?) ihre Begräbnisstätte hatten (Nr. 358, 569). Die Annakapelle oberhalb der Sakristeien (?) (Nr. 212, 569). Die Nicolauskapelle links vom Turm, deren Patronat der Dechant besaß (Nr. 220, 222, 476, 557, 585) mit einem Altar zu Ehren des Heiligen Maternus, einem später hinzugekommenen zweiten Andreasaltar und mehrerer Kaplaneien (Nr. 557, 615); die unter dem Patronat des Propstes stehende Michaelskapelle (Nr. 495, 550) und die Karlskapelle (Nr. 670), beide im Hochmünster, die Kapelle der heiligen Catharina im Paradies (Nr. 97, 110, 116, 441), die Kapelle des heiligen Papsts Gregor des Großen im Eingange (Nr. 277), die Kapelle des heiligen Johann Baptist unweit der Wolfsthürn (Nr. 407, 786); der Jodocusaltar, dessen Kollator der herzog von Jülich war (Nr. 487, 523, 704), der Altar der heiligen Cornelius und Cyprianus (Nr. ...), der von Herzog Heinrich von Lothringen-Brabant 1223 gestiftete Altar der heiligen Simon und Judas unter der ehemaligen Orgel vor dem sogenannten Königsstuhl (Nr. 56, 78, 82, 425, 459, 513, 527, 567, 632, 711), die Sayn'sche Kapelle oder Altarvicem s. Simeonis Justi im Hochmünster, welche der Propst Gerhard Graf von Sayn im Jahre 1455 fundierte (Nr. 491, 516, 531, 676, 717, 786, 787). Die Salvatorkapelle auf dem Salvatorberg bei Aachen wurde dem Dekanat des Stifts inkorporiert (Nr. 4, 498, 786). Der Dechant war wie gewöhnlich der Pastor des Stifts; da die Marienkirche aber zugleich Pafrrkirche war, fungierte als Pfarrer der Stadt der Erzpriester (archiplebanus) den der zeitige Herzog von Jülich aus der Mitte der Kanoniker ernannte und dem unter Anderen das Patronat der Kapelle des Hospitals zum heiligen Johann Baptist gehörte (Nr. 237, 259, 563). Der Pfarrgottesdienst wurde ursprünglich in dem Hochmünster gehalten, in Folge der zunehmenden Bevölkerung der Stadt aber später in die benachbarte Kapelle zum heiligen Foilan verlegt, wobei indeß die Taufe der Mutterkirche verblieb (Quix, Gesch. Aachens II., S. 83). Von dem täglichen Kultus der Kirche, dessen Festen, Memorien, Messen und besondern Stiftungen Bruderschaften wie des Johannis und Muttergottesbruderschaft gewähren die Urkunden des Stifts (z. B. Nr. 62, 113, 116, 122, 431, 468, 566, 581, 585, 674) eine deutliche Vorstellung. Auch des Dreikönigenleuchters (Nr. 113, 581), der Kerze des heiligen Kaisers Karl und des St. Petersbildes im Liebfrauenchore (Nr. 566) sowie des Tragaltars, dessen Gebrauch der Kardinal Pileus ind en Jahren 1379 und 1380 dem Stifte verstattete geschieht Erwähnung. Bezüglich der Baugeschichte des Münsters vernehmen wir, daß Kaiser Friedrich II. für die Herstellung der Kirchengebäude und Kirchenfenster und für die Anschaffung neuer Kirchenbücher Sorge getragen habe, wozu eigentlich der Propst v erpflichtet gewesen (Nr. 66). Als die Belagerung Aachens durch den römischen König Wilhelm 1248 Stadt und Stiftskirche schwer beschädigt hatte, wurde mit Genehmigung des Königs und des Papstes Innocenz IV. vom Kapitel bestimmt, daß die Einkünfte aller vakanten Präbenden vier Jahre lang zum Wiederaufbau der Kirche verwendet werden sollten (Nr. 128, 135). Zu dem Bau des neuen Chors, dessen Anregung man gewöhnlich dem Ritter Wilhelm Chorus zuschreibt, überwiesen Propst Gerhard von Virnenburg und das Kapitel 1355 aus ihren beiderseitigen Einkünften je den Betrag einer vollen Kanonikalpräbende als jährliche Rente (Nr. 323). Es wird dabei von ihnen ausdrücklich hervorgehoben, daß der Chorbau des dringenden Raumbedürfnisses wegen beschlossen worden sei. In den Jahren 1390 und 1404, in welchen erneuerte Festsetzungen wegen der Beiträge des Propstes Grafen Wilhelm von Wied zu den Baukosten zwischen diesem und dem Kapitel vereinbart wurden (Nr. 377, 397), war der Bau noch im Gange; 1413 soll derselbe vollendet und eingeweiht worden sein (Noppius, Aachener Chronik, S. 21). Der Vergleich mit der Stadt von 142 (?) (Nr. 430) gedenkt daher des Heiligtumskastens im "neuen Werke". Auf viele Einzelheiten, innere Streitigkeiten wie äußere Fehde oder Bedrückungen des Stifts, von welchen letzteren päpstliche, königliche und fürstliche Schutzbriefe zeugen, auf Frevel und Sühne im Gotteshaus in der wilden Zeit des 15. Jahrhunderts (Nr. 435, 512), die erbitterten konfessionellen Kämpfe der Stadt gegen Endes des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts, auf manche besondere Einrichtungen, Rechts- und Besitzverhältnisse, z. B. die Bäder (Nr. 91, 272) und Wassergerechtsame des Stifts, die Baupflicht des Kapitels als Dezimators von Pfarrkirchen (z. B. im Bezug auf Vaels (Nr. 245, 472)) in und bei der Stadt, vermögen wir hier nicht näher einzugehen, ohne die Grenzen dieser Übersicht zu überschreiten. Archiveinteilung Was das Stiftsarchiv selbst betrifft, welches ehedem in 3 Hauptabteilungen, das große, kleine und das propsteiliche Archiv zerfiel und in einem besondern Kapellenraum oberhalb der Sakristei aufbewahrt wurde, so hat dasselbe im Laufe der Zeit manche seiner älteren Originalurkunden eingebüßt. Von den Kartularen sind nur die jüngeren meistens dem 15. Jahrhundert angehörig (Nr. 776-779) zum hiesigen Staatsarchiv gelangt, wogegen der liber privilegiorum, aus dem Ende des 12. Jahrhunderts eine Handschrift in Quarto oder Großoktav von 28 Pergamentblättern mit etwa 42 Urkunden (vgl. Quix, Cod. Aquens. diplom., p. 1 und 28; Lacomblet, Niederrheinisches Urkundenbuch I, Einleitung p. X) nebst einer Ordo coronationis aus demselben Jahrhundert und mehreren andern der ältesten Handschriften des Stifts sich im Drittbesitze zu Aachen befindet und ein anderes, von dem Verfasser der histoire de Limburg, dem Kanoniker und Pfarrer Ernst zu Afden, sowie dem Baron von Reiffenberg benutztes Kopiar, wahrscheinlich aus dem 12. bis 13. Jahrhundert, spurlos verschwunden ist (Ernst, Hist. de Limburg, ed. Lavalleye, tom VI, p. 83, s. 99 und den Anhang der Chronique de Philipp Mouskes, herausgegeben von dem Baron von Reiffenberg (in der Sammlung belgischer Chroniker), p. 548-562. Die Handschrift, welche Ernst und Reiffenberg benutzten und die von beiden unter übereinstimmender Folienbezeichnung zitiert wird, zählte mindestens 113 Blätter). Sowohl das Nekrologium aus dem 13. Jahrhundert (Nr. 780) als ein sehr großer Teil der Urkunden des Marienstifts sind von dem verstorbenen Oberlehrer Quix zu Aachen in einer Reihe von Publikationen, namentlich in dessen Codex diplomaticus Aquensis veröffentlicht (Tom I pars 1 erschien 1839, Tit. 1 pars 2 im Jahre 1840) dieses Quixsche Urkundenbuch, dessen Texte wie die aller Schriften dieses fleißigen aber unkritischen Sammlers übrigens äußerst fehlerhaft und zuweilen fast unbrauchbar sind, reicht bis zum Jahre 1350. Lacomblet hat in dem Niederrheinischen Urkundenbuche die älteren Kaiserurkunden und verschiedene andere der wichtigsten Dokumente der Korporation in berichtigter Gestalt herausgegeben. Anmerkung: Die vorstehend angegebenen Nummern beziehen sich auf die laufende Zählung im analogen Altfindbuch 120.13.1-2. Es handelt sich nicht um Bestellsignaturen ! Reihenfolge der Pröpste und Dechanten Pröpste Folcharius, Abt, 887 Brun, erster Propst, 966 Thietmar, + 1024 Tiricus, + 1051 Altmann, + 1092 Wecelo, + 1109 Ruopert, 1072 Conrad, 1076-1094 Godescalc, 1098 Albert I., 1108 Arnold I., 1112 Hugo, 1129-1134 Arnold II., 1138 Albert II., 1153-1158 Otto I., 1166-1174 Godwin, 1180 Philipp von Schwaben, 1192 Conrad, 1194 Wilhelm, 1197-1213 Engelbert von Berg, vor 1218 Otto II., 1220-1236/65 (?) Heinrich, 1240-1244 Otto III., 1248-1265 Martin, 1265 Walram von Jülich, 1273-1286 Heinrich von Klingenberg, 1292 Wiebold von Holte, 1298 Otto von Oberstein, 1308 Gerhard I. von Nassau, 1308-1312 Heinrich von Sponheim, 1323-1344 Godfried von Heinsberg, + 1345 Gerhard II. von Virneburg, 1350-1355 Wilhelm von Wied, 1364-1410 Johann von Loen, 1412 Johann von Büren, 1420-1422 Gerhard III. Graf von Berg, 1429-1434 Gerhard IV. Graf von Sayn, 1438-1451 Friedrich von Neuenahr, 1456 Reiner von Palant, 1467-1474 Hermann Landgraf von Hessen, 1474-1508 Heinrich, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Bayern, 1508-1541 Johann von Vlatten, 1541-1562 Heinrich von Vlatten, 1563-1625 Carl von Metternich, 1626-1636 Johann von Eynatten, 1636-1653 Franz I. Egon Graf von Fürstenberg, 1653-1663 Franz II. Robert Graf von Aspremont-Lynden und Reckum, 1663-1681 Peter Dionysius de Goer de Herve, 1681-1706 Philipp Friedrich Ambrosius Graf von Schellardt zu Obbendorf, 1706-1721 Franz Joseph Graf von Manderscheid-Blankenheim, 1721-1772 Clemens Vincenz Franz Freiherr von Belderbusch, kurkölnischer Staats- und Konferenzminister, 1773-1794 Dechanten Hezelo, 1108-1124 Winrich, 1140 Ruter, 1157 Stephan, 1173-1174 Conrad, 1191-1192 Theoderich, 1197 Winand, 1208 Johann, 1222 Sibodo, 1224-1235 Theoderich, 1238-1243 Garsilius, 1245-1268 Reimar, 1273 Walram von Jülich, 1279, 1289 Wolfram, 1281 Godfried von Ruremonde, 1285-1312 Garsilius von Mülenar, 1314 Arnold von Frankenberg, 1316-1330 Godfried, 1337 Hermann Blankart, 1337-1353 Rembodo von Vlodorp, 1360-1365 Godfried von Vlodorp, 1401-1416 Heinrich von Ymbermunte, 1419-1420 Edmond von Malberch, 1438-1461 Peter Wynemar von Erkelenz, 1461-1517 Johann von Schoenradt, 1533-1536 Robert von Wachtendonk, 1569 Franz Foss, 1586 Johann von Thomberg gen. Wormbs, 1597-1610 Heinrich Strauven, 1612-1626 Heinrich Theob. von Eynatten, 1632-1639 Walrand von Gülzen zu Wodenraedt, 1668 Johann v. d. Lynden, 1682 Adrian Carl Freiherr von Draek, 1695-1708 Johann Wilhelm Freiherr von Colyn gen. Beusdal, 1715-1723 Friedrich Wilhelm von Wylre, 1723-1739 Ludwig Johann Albert Graf von Schellardt, 1739-1744 Wilhelm Raymund Freiherr von Bierens, 1759-1787 Conrad Hermann Cardoll, 1787-1802 Das analoge Altfindbuch 120.13.1, S. 19-22, gibt bei vorstehender Zusammenstellung außer den Stiftsurkunden einige Kataloge im Aktenarchiv und die Listen bei Quix (Geschichte der Stadt Aachen I. S. 75 II. S. 94) sowie die in anderen Archivteilen vorkommenden Träger der einen und anderen Dignität an [Vorkommen: 1) bei Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, 2) (laufende) Nummern des Archivrepertoriums, 3) an anderweiter Stelle].