Die Buchmalereiforschung unterscheidet streng zwischen Motiven, die eine Bildaussage haben, also eine „Geschichte“ erzählen – diese werden unter Niveau 1 abgehandelt – und gegenständlichen, figürlichen (anthropomorphen) und zoomorphen Motiven, die rein dekorative Funktion haben.
Im (gezeichneten und nicht farbigen) Dekor sind mitunter figürliche (anthropomorphe) und zoomorphe Motive „versteckt“. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen treten andere gegenständliche Motive im Dekor auf, die keine Aussage haben, sondern rein dekorativ sind.
In der Frühzeit ist auf Notarszeichen zu verweisen, die aus zoo- und anthromomorphe Motiven gebildet sind oder solche enthalten. Später sind „Drôlerien“ ohne mit dem Inhalt des Schriftstücks verbundener Aussage in den Fleuronnée-Dekor oder in den Dekor von Zierschriften eingestreut. „Mischwesen“ aus tierischen und menschlichen Teilen werden beiden Gruppen zugerechnet. Derzeit erstes Beispiel ist ein Drache in einer gezeichneten Initiale von 1202 Dezember 3.
Selten erreicht dieser Dekor höheres künstlerisches Niveau: als herausragendes Beispiel ist eine Urkunde König Philipps V. von Frankreich aus dem Juni 1318 zu nennen. Oft sind die Beispiele sehr einfach; exemplarisch seien die vergleichsweise häufig auftretenden Fischinitialen genannt, die oft kaum als zoomorph zu erkennen sind: z. B. 1441 Juli.
Martin Roland